Die Zukunft entscheidet sich jetzt - Teil 2

31.03.2017
Beitrag

Beim Breitbandausbau hat die Landesregierung aufgegeben!

Rheinland-Pfalz ist ein Flächenland, in dem ein Großteil der Bevölkerung in ländlichen Gebieten lebt. Damit dieser Wohn- und Lebensraum auch für die Zukunft attraktiv bleibt und auch jungen Menschen Perspektiven eröffnet, muss vor allem an zwei großen Themen gearbeitet werden: Einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur und einer flächendeckenden Internetversorgung. Beide Zukunftsthemen fristen in Rheinland-Pfalz leider ein Schattendasein und damit verpasst die Landesregierung sehenden Auges die notwendigen Weichenstellungen, um den Menschen in Rheinland-Pfalz auch in Zukunft lebenswerte Wohn- und Arbeitsbedingungen und Wohlstand zu ermöglichen.

Immer noch fast ein Fünftel der Rheinland-Pfälzer digital unterversorgt

Im ersten Teil habe ich mich dem Thema Verkehr gewidmet (http://www.patrick-schnieder.de/artikel/die-zukunft-entscheidet-sich-jetzt-teil-1). Und wie sieht es beim zweiten Zukunftsthema, dem schnellen Internet aus? Die Europäische Union definiert in ihrer NGA-Rahmenregelung, dass Privathaushalte, die über einen Internetanschluss mit einer Downloadrate von weniger als 30 Mbit/s verfügen, zukünftig als unterversorgt gelten. In Rheinland-Pfalz betrifft dies 319.000 Haushalte mit 677.000 Rheinland-Pfälzern. Man sollte daher meinen, dass der Breitbandausbau ganz oben auf der Prioritätenliste der Landesregierung steht. Das lassen auch die Äußerungen der verantwortlichen Regierenden vermuten. Ministerpräsidentin Dreyer bezeichnete Rheinland-Pfalz als das „Land der digitalen Möglichkeiten“ und ergänzte: „Für die digitale Nutzung in allen Bereichen ist ein leistungsfähiger Datentransport Grundvoraussetzung.“ Und Minister Lewentz verkündet gar: „Die Landesregierung stellt erhebliche finanzielle Mittel bereit, um die Umsetzung der notwendigen Ausbaumaßnahmen zu unterstützen.“ Doch wenn die Mittel so „erheblich“ sind, weshalb gibt es noch immer Ortschaften in der Eifel, deren Internetanschluss nicht einmal den zügigen Download von E-Mail-Anhängen ermöglicht?

8 Euro für den Breitbandausbau? Das ist ein Witz! – Sagt sogar die FDP

Betrachten wir den rheinland-pfälzischen Haushalt des vergangenen Jahres: Im Jahr 2016 hat Lewentz für die Breitbandförderung in ganz Rheinland-Pfalz 5,4 Mio. Euro an eigenen Landesmitteln bereitgestellt. Verteilt auf die unterversorgten Personen bedeutet dies, dass die Landesregierung für jeden unterversorgten Rheinland-Pfälzer 8 Euro investiert hat. Doch ist mit 8 Euro wenig geholfen, schließlich schlägt der Anschluss eines rheinland-pfälzischen Haushaltes an das Glasfasernetz mit durchschnittlich 3.465 Euro Kosten zu Buche, wie eine von Dreyer selbst in Auftrag gegebene Studie des TÜV Rheinland berechnet hat. Eine Antwort auf die Frage, wo die übrigen Euros herkommen sollen, bleibt die Landesregierung schuldig.

Angesichts dieser gewaltigen Finanzierungslücke äußerte sich auch FDP-Vorsitzender Wissing im Januar 2016, damals noch im Wahlkampf-Modus, zu den Breitbandmitteln im Landeshaushalt: „Die Pläne von Malu Dreyer sind ein Witz.“ Rheinland-Pfalz drohe so zur „digitalen Provinz“ zu werden. Etwas mehr als ein Jahr später ist die Ausgangslage eine andere. Volker Wissing, inzwischen Wirtschaftsminister, hat digitale Themen neu für sich entdeckt. Keine Gelegenheit lässt er sich nehmen, die Bedeutung der Digitalisierung für Rheinland-Pfalz zu betonen. Sein Problem: In den Haushaltsberatungen der rot-gelb-grünen Landesregierung konnte sich Wissing gegen SPD und den grünen Koalitionspartner nicht durchsetzen. Sein Kabinettskollege Lewentz plant, die Breitbandmittel des Landes im laufenden Jahr auf gerade einmal 13 Mio. Euro zu erhöhen. Der TÜV Rheinland gibt die Kosten für einen Glasfaser-Vollausbau in Rheinland-Pfalz jedoch mit 2,83 Mrd. Euro an. Auf die Frage, wie mit nur 13 Mio. Euro die Digitalisierung des Landes gelingen soll, antwortete Wissing vergangene Woche ausweichend: „Für mich ist es nicht in erster Linie eine Frage des Geldes.“ Anstelle mit zusätzlichem Geld wolle Wissing mit „Überzeugungsarbeit“ helfen. Wie die Rheinland-Pfälzer mit Wissings „Überzeugungsarbeit“ die Rechnungen für Glasfaserkabel und Tiefbauarbeiten bezahlen sollen, verrät er nicht.

Dabei wären durchaus Spielräume vorhanden. Der rheinland-pfälzische Haushalt weist für 2017 Ausgaben in Höhe von insgesamt 24,75 Mrd. Euro aus. Für den Breitbandausbau werden also gerade einmal 0,08 Prozent der Mittel eingeplant. Wer vor diesem Hintergrund öffentlich das finanzielle Engagement des Landes lobt und von „erheblichen Mitteln“ spricht, hat sich aus der Wirklichkeit verabschiedet.

Dass es auch anders geht, beweisen diejenigen Bundesländer, die keine Kosten und Mühen scheuen, auch den Bürgern auf dem Land schnelles Internet zu bringen. Bayern stellt seinen Gemeinden 300 Mio. Euro pro Jahr zur Verfügung, über fünf Jahre verteilt kommen so nicht weniger als 1,5 Mrd. Euro zusammen.

Nichts hören, nichts sagen, nichts sehen – typisch für diese Landesregierung

Bei der Finanzierung der zentralen Zukunftsprojekte verschließt die Landesregierung Augen und Ohren und wartet, ob sich das Problem nicht von alleine löse. Oder dass Bund oder private Akteure die Aufgabe lösen. So läuft es auch beim Thema Breitbandausbau. In der vergangenen Woche haben neben etlichen weiteren Landkreisen aus Rheinland-Pfalz auch der Eifelkreis Bitburg-Prüm und der Vulkaneifelkreis dringend benötigte Fördergelder für den Breitbandausbau aus Berlin bekommen. Der Eifelkreis erhält 12,8 Mio. Euro und der Vulkaneifelkreis 4,7 Mio. Euro. Alleine die Bundesförderung, die der Eifelkreis Bitburg-Prüm vergangene Woche aus Berlin erhalten hat, ist höher als die Breitbandlandesmittel für ein ganzes Jahr!

In einer Woche mehr Geld aus Berlin als in einem Jahr aus Mainz

Die Gelder stammen aus dem Breitbandförderprogramm des Bundes, das ich als verantwortlicher CDU/CSU-Berichterstatter im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur des Bundestages mit initiiert habe. Dabei gehört die Förderung des Breitbandausbaus originär nicht in den Aufgabenbereich des Bundes, sondern ist Aufgabe der Länder. Sie müssen eigentlich die eigenen Kommunen beim Anschluss an Hochgeschwindigkeitsnetze unterstützen. Doch weder Frau Dreyer, noch Herr Lewentz oder Herr Wissing waren willens, das Geld bereitzustellen, das notwendig wäre. Für andere Projekte, die bei den eigenen Wählern größere Begeisterung auslösen, standen wiederum Mittel bereit. Durch rechtswidrige Ermäßigungen bei Windenergieanlagen verzichtete das Land beispielsweise auf 25 Mio. Euro Einnahmen. Und ein privater Anbieter, der mit einem Puppenspiel Kindern richtiges Verhalten im Verkehr erklärt, erhielt vom Land einen Stundenlohn von 250 Euro, obwohl auch die Polizei Verkehrserziehung anbietet.

In allen Fällen hatte der Landesrechnungshof auf die Einsparpotenziale hingewiesen und unüberhörbare Kritik geäußert. Hören wollte man sie dennoch nicht. Das mag eine unbequeme Wahrheit sein. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass sich an den Themen Verkehr und Breitband die Zukunft unseres Landes entscheiden wird. Und dafür müssen wir Geld in die Hand nehmen. Geld, das an anderer Stelle eingespart werden muss. Wer aus Furcht vor der eigenen Wählerklientel dazu nicht bereit ist, vergeht sich an der Zukunft unseres Landes. Verantwortungsvolle Politik zeigt sich auch darin, Fehler einzugestehen und Schwerpunkte dort zu setzen, wo es dem Land am meisten nützt, auch wenn nicht jeder in den eigenen Reihen zustimmen wird. Doch wer weder über den Willen verfügt, für die Zukunftsthemen Verkehr und Breitband Geld in die Hand zu nehmen, noch den Mut, sich gegen internen Widerstand durchzusetzen, der disqualifiziert sich für jede Regierungsverantwortung.

Mit dem vorgelegten Haushalt kann kein Rheinland-Pfälzer, der an der Zukunft seines Landes ernsthaft interessiert ist, einverstanden sein. Die Investitionspolitik der Landesregierung ist in meinen Augen nicht in der Lage, Rheinland-Pfalz entscheidend nach vorne zu bringen. Gemeinsam mit der CDU-Landtagsfraktion werde ich weiterhin für eine zukunftsorientierte Investitionspolitik kämpfen. Wir werden bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, dass die Landesregierung für alle Rheinland-Pfälzer verantwortlich ist und die Menschen auf dem Land von den Entwicklungen nicht abgeschnitten werden dürfen. Doch es ist zu befürchten, dass die Reaktion in Zukunft dieselbe wie bislang sein wird: Lob wird gerne angenommen, aber Kritik möchte man nicht hören, nicht sehen und nicht kommentieren. Konfuzius lässt grüßen.